„Was ist nur los mit uns“? murmelte man ratlos auf der Bank des FCJ Köln, als sich Mitte des vierten Satzes anbahnte, dass der Tabellenführer das Spielfeld an diesem Tag mindestens angezählt verlassen würde. Angesichts der erschreckend schwachen Szenen, die die Vertretung des FCJ den weit in den Kölner Westen angereisten Zuschauern bot, ließe sich dieser Rückblick auf das Spiel vielleicht sogar als „Auftritt des Junkersdorfer Gruselkabinetts in Widdersdorf“ betiteln. Einige Gäste vermuteten vielleicht sogar, sich in der Tür geirrt zu haben – bekamen sie doch nicht wirklich den Spitzenreiter gegen den achten SC Union Lüdinghausen zu sehen, sondern den Kampf des kopflosen FCJ Köln gegen sich selbst. Dieser äußerte sich in einer Vielzahl von Abstimmungs- und Aufmerksamkeitsmängeln, die die Gäste aus Lüdinghausen nur noch geschickt ausnutzen und verwalten mussten. Mit einem 2:3 (25:20,13:25,25:16,22:25,13:15) Endergebnis lieferten die Junkerdorferinnen ihre bis dato schlechteste Saisonleistung ab – und verspielten so unnötigerweise die in den vergangenen Wochen hart erkämpfte und gerade erst (lieb) gewonnene Tabellenführung in der Regionalliga.
Bei wohlig-warmem Tropenklima in der Halle der internationalen Friedensschule starteten Mannschaftskapitänin Nina Rieger und Karo Reich über Außen, Lorena Villa Pecero im Zuspiel, Laura Kehe über Diagonal und über Mitte Denise von Pidoll und Lena Fenten hochmotiviert ins Spiel. Die Vorgabe von Trainer Flo Hannich, den Spielbeginn nicht, wie oftmals in dieser Saison, zu „verschlafen“ und von Anfang an hellwach und risikofreudig zu agieren, wurde durch den 25:20 Satzgewinn auch weitgehend erfüllt. Doch bereits jetzt deutete sich an, dass Lüdinghausen ganz sicher nicht bereit sein würde, die drei Punkte kampflos in Köln zu lassen.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – der Fehlstart wurde in Satz 1 vermieden, nur um ihn in Satz 2 umso gründlicher nachzuholen (13:25). Grund dafür war vor allem eine schwache Annahmeleistung auf Seiten der Heimmannschaft. Die Gäste jagten nahezu fehlerfrei einen starken Aufschlag nach dem anderen über das Netz, gegen die der erfahrene und im Allgemeinen sehr sichere Annahmeriegel der Junkersdorferinnen nie ein Gegenmittel fand und zunehmend wackeliger wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Angst-Gespenst aufs Feld gepirscht und hielt die Kölnerinnen fest umschlungen.
Im dritten Satz bäumten sich die Kölnerinnen nochmals auf und fanden kurzzeitig wieder in die Spur. Maßgeblichen Anteil daran hatte Mittelangreiferin Denise von Pidoll, die gemeinsam mit Karolin Reich und Nina Rieger im Aufschlag die nötigen Punkte zum Satzgewinn beisteuerte. Doch trotz eines souveränen Satzergebnisses von 25:16 schlotterten die Kölner Knie weiter.
In Satz vier drehten die Lüdinghausener Nachwuchsspielerinnen auf, witterten ihre Chance. Vor allem über die Außenpositionen fanden sie geschickt die Lücken im Block und es schlug mehrmals ein auf Kölner Seite. Die gar nicht harmlosen Kölner Aufschläge entschärften sie abgebrüht, machten aus schwierigsten Situationen noch Punkte, während Köln sich vermeidbare Fehler leistete. Amelie Kleiner belebte nach ihrer Einwechslung das Kölner Spiel spürbar und so entwickelte sich ein umkämpfter Durchgang, der allerdings ein unrühmliches und abruptes Ende fand. Eine umstrittene Schiedsrichterentscheidung beim Stand von 22:23 gegen Köln führte zum 22:24, die darauffolgenden Kölner Proteste mündeten in einer roten Karte, die den Satzverlust besiegelte.
In einer Achterbahnfahrt der Emotionen beobachtete Trainer Hannich von der Seitenlinie, wie es seinem Team auch im Tiebreak nicht gelingen wollte, den Ball im Lüdinghausener Feld unterzubringen, da die Gäste beherzt alles abwehrten, was abzuwehren war. Verdientermaßen ging der Gesamtsieg somit nach Lüdinghausen. Mit nur wenigen Ausnahmen präsentierten sich die Kölner Akteurinnen weit entfernt von ihrer Normalform, selbst die Block-Abwehr, das Steckenpferd im Kölner Spiel, hinterließ an diesem Tag keinen guten Eindruck. Doch trotz der bitteren Niederlage bleibt, angesichts des Verlaufs, in der Bilanz ein gewonnener, statt zwei verlorener Punkte.
Nach diesem Ergebnis beenden die Domstädterinnen vorerst ihr leider nur kurzes Gastspiel an der Regionalligaspitze und rutschen hinter dem an diesem Wochenende siegreichen TV Gladbeck auf Rang 2 ab. Die Marschroute für die kommende Woche ist daher klar: Köln muss sein irgendwo zwischen Weiden und Widdersdorf verloren gegangenes Selbstbewusstsein wiederfinden, will man gegen die Spitzenmannschaft Herne am kommenden Spieltag bestehen.
Ein erster Schritt in diese Richtung in Richtung Wiedergutmachung konnte bereits am Sonntag getan werden. Im Bezirkspokal in Hürth trafen die FCJ Damen auf die SG Aachen und den TVA Fischenich. Da zu diesem Termin mit Karo Reich, Laura Kehe, Anna Kadlec, Lina Adams, Denise von Pidoll und Carina Emsermann gleich 6 Spielerinnen erkrankt bzw. terminlich verhindert waren, stießen als Verstärkung aus der 4. Damen noch die Jugendspielerinnen Alexa Leimbach, Emily Scheer und Nele Hellmann zum Kader. Gegen den Verbandsligisten SG Aachen im ersten Spiel zeigte sich ganz deutlich, dass der Schock des Vortags noch nicht ganz verdaut war. Als besonderes Problem erwiesen sich vor allem die Maße der Spielhalle, die, nachdem bei der offiziellen Spielhalle die Türen verschlossen blieben, kurzfristig als Ersatz herhalten musste. So landete der ein oder andere Abwehr- oder Annahmeball direkt an der Hallendecke und gerne würde man die Fehlerquote im Aufschlag auch auf die besondere Hallenthermik zurückführen. Auch die Abstimmungsprobleme vom Vortag hatten sich noch nicht ganz verabschiedet, sodass die Sätze insgesamt allesamt recht knapp verliefen und der dritte Satz gar abgegeben musste. Dennoch endete die Begegnung mit einem letztlich versöhnlichen 3:1 Erfolg, bei dem alle Nachwuchsspielerinnen zum Zuge kamen und erste Impulse setzen konnten.
Die 2. Begegnung des Tages sollte zum Spiel der erst 14-jährigen Annika Stenchly werden. Erstmals in dieser Saison in der Startformation, zog sie gegen Landesligisten Fischenich als Spielmacherin die Fäden und führte ihr Team zum klaren 3:0 Erfolg. Dabei „flutschte“ es vor allem im Zusammenspiel mit den Mittelangreiferinnen richtig – ein ums andere Mal versenkten Lena Fenten und Anna-Lena Krüger die schnellen Pässe von Stenchly krachend im gegnerischen Feld. Dieses letzte Spiel des Tages war insgesamt eine Versöhnung mit dem Wochenende- Spielfreude und spielerische Klasse hatte sich das Team ganz einfach für den Sonntag im Kölner Süden aufgespart.